Podcast | Folge: 58 | Dauer: 38:59

Sexuelle Übergriffe beim Casting und bei Dreharbeiten – was ist da los in der Filmbranche, Alison Kuhn?

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[00:00:00.860] - Alison Kuhn

Bei Castings macht man keine intimen Szenen. Und wenn da irgendwie was steht wie, „Sie küssen sich.", dann sollte man vorher besprechen: Ja, wollen wir das durch eine Umarmung andeuten? Wie lösen wir das? Also da gibt es Möglichkeiten. Man muss auch dazu sagen, die meisten, auch ich war damals 18, 19. Ich war noch auf der Schauspielschule und da waren auch ganz viele Minderjährige dabei, die noch nie Schauspielerfahrungen oder Casting-Erfahrungen gesammelt hatten. Da haben mir auch einige erzählt, so ja, ich wusste nicht, wie ein Casting abläuft.

[00:00:32.180] - Nadia Kailouli

Hi, herzlich willkommen bei einbiszwei. Ich bin Nadia Kailouli und in diesem Podcast geht es um sexuelle Gewalt und was man tun kann, damit sich was ändert. Hier ist einbiszwei. Schön, dass du uns zuhörst.

Als der Spiegel vor wenigen Wochen von körperlicher Gewalt und sexuell übergriffigem Verhalten am Filmset eines Til Schweiger Films berichtete, war das Erstaunen groß. Erst recht, als klar wurde: Das ist keineswegs ein Einzelfall. Übergriffige, machtberauschte Regisseure, Frauenfeindlichkeit - all das ist weit verbreitet. Und kaum war die Aufregung um Til Schweiger ein wenig abgeklungen, wurde bekannt, dass Till Lindemann, der Sänger der Brachial-Band Rammstein anscheinend ein ganzes System betrieb, um junge Frauen für Sex auf Aftershow-Partys zugeführt zu bekommen. Also was ist da bloß los in der Filmbranche und im Musikbusiness? Fragt man sich und kann es nicht fassen.

Das alles überrascht mich überhaupt nicht, sagt eine der interessantesten jungen Filmemacherinnen Deutschlands. Alison Kuhn. Sie hat gerade die tolle ZDF-Serie „WatchMe". fertiggestellt. Bekannt wurde sie aber mit einem Dokumentarfilm über ein Casting, bei dem es zu sexuellen Übergriffen und Machtmissbrauch durch Regisseur und Produktionsteam kam. Dieser Film zeigt nicht nur eindrücklich, wie übergriffig, respektlos und unsensibel es in der Filmbranche zugeht. „The Case You" erzählt auch Alisons eigene Geschichte, denn auch sie war bei diesem Casting dabei.

Wie sie heute bei ihren Filmen dafür sorgt, dass sich alle Beteiligten auch mit intimen Szenen gut fühlen, erzählt sie mir hier bei ein biszwei. Alison Kuhn bei einbiszwei!

[00:02:03.320] - Alison Kuhn

Dankeschön!

[00:02:03.990] - Nadia Kailouli

Grüß dich! Schön, dass du da bist! Alison, als ich mich auf diese Sendung vorbereitet habe, habe ich mich natürlich dann informiert zu dem Film „The Case You". Und ich dachte, Nadia, wie konntest du davon nichts mitbekommen? Magst du einmal erklären, worum es geht?

[00:02:17.460] - Alison Kuhn

Ja, „The Case You" ist wie gesagt ein Dokumentarfilm, 80-minütiger Dokumentarfilm über einen Fall von Machtmissbrauch in der Filmbranche. Also genauer gesagt über ein Casting, das sehr übergriffig verlaufen ist in vielerlei Hinsicht. Es gab sexualisierten Machtmissbrauch, es gab auch körperliche Gewalt, es gab psychische Gewalt. Und ich habe mich mit fünf jungen Schauspielerinnen getroffen, die alle eingeladen waren zu diesem Casting damals. Und wir versuchen zu rekonstruieren, was damals passiert ist und wie es dazu kommen konnte und wie wir heute damit umgehen. Und der ganze Film spielt in einem Theatersaal.

[00:02:53.530] - Nadia Kailouli

Genau. Es ist sozusagen nachgestellt, was da passiert ist, so?

[00:02:59.540] - Alison Kuhn

Nachgestellt würde ich es nicht nennen. Also es gibt ja filmisch immer das Mittel der, ich nenne es Rekonstruktion, aber Leute nennen es gerne Reenactment. Aber ich nenne es nicht gerne Reenactment, denn das würde bedeuten, dass wir wirklich die Situation eins zu eins nachspielen. Mir war aber wichtig, dass wir es nur räumlich rekonstruieren, also diesen Casting-Raum, wo hat wer gesessen, damit sich die Frauen durch diesen Raum bewegen können, aber währenddessen aussprechen können, was ihnen damals durch den Kopf gegangen ist.

[00:03:25.370] - Nadia Kailouli

Und nachstellen wäre natürlich gerade in dem Fall schwierig...

[00:03:29.380] - Alison Kuhn

Sehr problematisch, genau!

[00:03:29.820] - Nadia Kailouli

Und problematisch gewesen, weil es gab damals eben bei diesem Casting sexualisierte Gewalt, sexuelle Übergriffe an den Schauspielerinnen, die an diesem Casting teilgenommen haben.

[00:03:40.520] - Alison Kuhn

Genau.

[00:03:40.730] - Nadia Kailouli

Du warst ja auch, hast an diesem Casting ja als Schauspielerin teilgenommen. Kannst du, ich weiß nicht, wie das gerade so ist, weil die Verfahren laufen ja noch. Wie viel darfst du davon erzählen und was kannst du erzählen? Oder wie viel muss ich erzählen, damit ich dich nicht in Schwierigkeiten bringe?

[00:03:54.410] - Alison Kuhn

Nein, also die Protagonistin und auch ich, wir haben unsere Klage glücklicherweise vor ungefähr einem Jahr gewonnen. Da sind, meine ich, noch Prozesse im Laufen, deshalb kann ich jetzt noch nicht zu sehr ins Detail gehen. Aber wir haben die Klage gegen unsere Bildrechte gewonnen. Das heißt, es wurde ja gefilmt, also bei einem Casting, was schon durchaus üblich ist, wie eine Art von Probeaufnahme. Aber der Regisseur, der dafür verantwortlich war, der hat dieses gefilmte Material der Übergriffe dann verwendet, um daraus einen ganz anderen Film zu schneiden. Einen „Dokumentarfilm" - in Anführungszeichen - darüber, was junge Schauspielende bereit sind zu tun für eine Rolle in seinem Film.

[00:04:33.040] - Nadia Kailouli

Das ist so irre, oder? Also ich finde das wirklich irre. Also erstens wusstet ihr davon ja nichts, dass da was aufgenommen wird, was für ein anderes Filmprojekt verwendet werden soll. Und dann war das ja vor... also kann man sagen, dass das vorsätzlich war, dass diese Übergriffe so stattgefunden haben, um Material zu bekommen für einen Film?

[00:04:51.410] - Alison Kuhn

Die Gegenseite behauptet, es wäre ihnen erst im Schnittraum beim Sichten des Materials aufgefallen, wie genial das ist und dass man daraus doch einen ganz eigenen Film machen könnte. Wir sind uns da unsicher.

[00:05:00.060] - Nadia Kailouli

Und das Casting handelte ja davon, für einen Film gecastet zu werden, der das Thema sexuelle Übergriffe thematisieren soll.

[00:05:07.020] - Alison Kuhn

Genau, genau. Also es war eine Geschichte über Inzest, über Übergriffe, bei der man schon erst mal denken könnte: Ah, okay, heißes Thema, aber auch irgendwie ein wichtiges Thema. Deshalb waren ja auch so viele da, weil es erst mal sich liest wie was, was zwar irgendwie provokant ist, irgendwie edgy ist, aber trotzdem erzählenswert. Und da rechnet man natürlich nicht damit, dass dann gerade da solche...

[00:05:32.270] - Nadia Kailouli

Dass das dann passiert. Jetzt, wenn man jetzt ganz naiv an diese Sache rangeht und man sich denkt, du bist Schauspielerin, Regisseurin, Drehbuchautorin, du hast Erfahrungen in der Branche. Ich habe keine Erfahrungen in der Branche und ich dachte: Na ja, okay, wenn man zu einem Casting geht und es geht um zum Beispiel Sexszenen oder es geht darum, dass man gecastet wird, wie geht man damit um, wenn man angegriffen wird, angetouched wird, dass der Regisseur sagt, ich möchte sehen, wie spielst du das dann? Aber so ist es ja nun nicht

[00:06:02.450] - Alison Kuhn

Oh Gott, also wenn ich mir das... Also ich meine, ich habe inzwischen auch Regie studiert und arbeite als Regisseurin. Das ist ein No-Go. Bei Castings macht man keine intimen Szenen. Und wenn da irgendwie was steht wie, „sie küssen sich", dann sollte man vorher besprechen: Ja, wollen wir das durch eine Umarmung andeuten? Wie lösen wir das? Also da gibt es Möglichkeiten, wie man so was umsetzt

Aber man muss auch dazu sagen, die meisten, also auch ich war damals 18, 19. Ich war noch auf der Schauspielschule und da waren auch ganz viele Minderjährige dabei, die noch nie Schauspielerfahrungen oder Casting-Erfahrungen gesammelt hatten. Also da haben mir auch einige erzählt, so ja, ich wusste nicht, wie ein Casting abläuft. Vielleicht ist es immer so und das ist natürlich gefährlich

[00:06:44.030] - Nadia Kailouli

Und um im Detail das noch mal zu erwähnen: Also bei diesem Casting gab es tatsächlich Übergriffe. Also Schauspielerinnen wurden bei diesem Casting eben angefasst, ja. Also es wurde zwischen die Beine gefasst. Es war wirklich körperliche sexuelle Gewalt. Kann man das ja durchaus nennen, was da passiert ist

[00:07:01.190] - Alison Kuhn

Auf jeden Fall. Ich würde es so nennen, ja

[00:07:03.300] - Nadia Kailouli

Und dann denkt man sich schon: Wie kann das passieren? Also wie kommt überhaupt jemand auf die Idee, das dann auch noch festzuhalten? War denn niemand dort vor Ort an diesem Casting, der gemerkt hat: Das ist nicht okay, was hier gerade passiert. So darf das nicht sein als erfahrene erwachsene Person

[00:07:19.620] - Alison Kuhn

Auf jeden Fall, soweit ich weiß, niemand von dem Casting-Team. Und da war ja ein großes Team auch vor Ort. Also ich weiß von z.B. einer Schauspielerin, die mit gecastet wurde, die auch schon ein bisschen älter war als die anderen, die das abgebrochen hat und gesagt hat, das will ich nicht mitmachen.

Aber das lief bei den meisten so durch und es gab auch die Ansage von: „Es wird nicht abgebrochen". Denn es wurde die ganze Zeit gefilmt und es waren immer mehrere Frauen in einem Raum und die sollten hintereinander zur Kamera laufen und vorsprechen. Und es sollte keine Pause entstehen. Und da wurde durch viele kleine Details so ein Machtgefälle etabliert, was meiner Meinung nach ganz bewusst etabliert wurde, dass es gerade jungen Menschen sehr schwer macht, die eigene Stimme zu erheben

Und das Schwierige ist ja auch, also wenn wir darüber sprechen, was da passiert ist, ist, dass es ja immer unter dem Deckmantel der Kunst passiert ist. Dass es immer im Spiel passiert ist. Also da hat jemand eine Rolle gespielt, die andere Person, die Anspielperson hat eine andere Rolle gespielt. Und deshalb würde die Gegenseite auf jeden Fall behaupten, dass es ein Spiel war, dass es Schauspiel war..

[00:08:18.700] - Nadia Kailouli

Das es Schauspiel war...Es war kein Schauspiel. Und du hast dann eben selbst gemerkt: Okay, sorry, nee, das war alles hier nicht cool, was hier passiert ist. Und dann hast du ja aber den Kontakt gefunden zu anderen Frauen, die halt auch bei diesem Casting waren, die das gleiche Gefühl hatten wie du. Wie kam das

[00:08:38.130] - Alison Kuhn

Ja, also ich hatte damals Glück, kann man sagen, weil jede Gruppe wurde noch mal ein bisschen anders behandelt und in meiner Gruppe wurde niemand angefasst. Trotzdem gab es da irgendwie Übergriffigkeiten und ich hatte ein sehr ungutes Gefühl. Und dann nach einem Jahr oder ich weiß gar nicht wie viel später, habe ich dann die Benachrichtigung bekommen, dass da ein neuer Film irgendwie entsteht aus diesem Casting-Material. Und dann hat Crew United, ich weiß nicht, ob dir das was sagt

[00:09:03.470] - Nadia Kailouli

Ja

[00:09:03.940] - Alison Kuhn

Genau, Crew United ist so eine Vernetzungsplattform für Filmschaffende. Denen ist aufgefallen, dass da irgendwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Und die haben dann uns alle miteinander verknüpft. Alle, die beim Casting waren, die haben eine geheime Facebookgruppe gegründet und haben anonyme Erfahrungsberichte gesammelt, die dann noch mal an alle geschickt wurden. Und so bin ich dann auch auf die Klägerinnen aufmerksam geworden und habe die dann kontaktiert. Und ja, so kamen wir dann zusammen für den Film

[00:09:26.550] - Nadia Kailouli

Und dann habt ihr... Aber da war ja, wann war für dich klar, okay, du möchtest einen Film darüber machen, was euch beim Filmset passiert ist

[00:09:34.650] - Alison Kuhn

Das war, das reiß ich auch im Film einmal kurz an, anschließend an eine Situation bei meiner Regieaufnahmeprüfung an der Filmuni Babelsberg in Potsdam, als ich angesprochen wurde von einem Mitbewerber, also der auch in der Aufnahme-, Prüfungswoche war, der mich wiedererkannte. Und der war Teil dieses Casting-Teams gewesen damals. Und dann habe ich mit dem da vor Ort noch irgendwie große Diskussionen geführt und der hat wenig Einsicht gezeigt. Und ich war sehr überrascht und überrumpelt

Und ich weiß noch, ich saß dann - ich glaube, das war montags, das ist ja so eine ganze Prüfungswoche - und am ersten Tag saß ich dann abends zu Hause und habe gemerkt: Oh Mann, mir geht es nicht gut. Ich muss irgendwie, irgendwas muss ich machen, weil das hat mich so überrumpelt und ich muss jetzt aber volle Kraft voraus durch diese Woche irgendwie durchpowern, um angenommen zu werden. Was ja wirklich schwierig ist für so ein Regiestudium. Und dann habe ich an dem selben Abend noch beschlossen, dass wenn das klappt, dass ich dann diese Möglichkeit nutze, um `nen Film draus zu machen. Und das war ganz interessant, was dann passiert ist, weil auf einmal ging es mir gut. Auf einmal hatte ich Power. Auf einmal wusste ich, wofür ich das mache und ja, dann bin ich angenommen worden und habe dann im ersten Jahr den Film gemacht

[00:10:46.760] - Nadia Kailouli

Das war sozusagen dein Debüt-Dokumentarfilm, also „The Case You". Ich darf den Film so betiteln oder bewerben. Und wenn man sich das so anguckt, dann ist man dann doch sehr schockiert, was die Schilderungen betrifft. Und es sind immer noch ja junge Frauen, die da zu Wort kommen, die ihre Erfahrungen da schildern. Und wenn man das jetzt vergleicht mit der Debatte, wo wir ja heute stehen... Wann ist das passiert? Sag noch mal ganz kurz den Zeitraum

[00:11:10.800] - Alison Kuhn

Das war, ich meine 2015, also vor MeToo

[00:11:15.580] - Nadia Kailouli

Vor MeToo. Und da dachte ich echt so, als ich dann diese Stimmen gehört habe, also als ich wirklich dann den Frauen ins Gesicht geguckt habe, die platziert du ja dann auf dem Stuhl und erzählst, was denen passiert ist. Da dachte ich schon so: Hey Moment, warum hat das denn nicht so große Wellen geschlagen?

Es hat nämlich nicht so große Wellen geschlagen, sonst hätten wir das ja, wäre uns das ja alles so ein bisschen ein Begriff. Also ihr wart auf Filmfestivals, es gab Interviews dazu. Also es ist jetzt nicht so, dass es keiner mitbekommen hat, das möchte ich nicht sagen. Aber es hat nicht so große Wellen geschlagen, wie es hätte eigentlich schlagen sollen. Vor allem, wenn wir das vergleichen mit, ab dem Hashtag #MeToo und wenn wir heute gucken, was jetzt mit Til Schweiger irgendwie ans Licht gekommen ist und so was, das hat Wellen geschlagen. Wie erklärst du dir das, dass damals vor allem die Medienwelt vielleicht noch gar nicht so weit war zu sagen: Das ist ein Riesenskandal. Und das ist wahrscheinlich kein Einzelfall, was so an Filmsets passieren könnte

[00:12:07.660] - Alison Kuhn

Ja, also ich denke, das liegt wahrscheinlich auch daran, dass dieser Mensch keinen so großen Namen hat. Und deshalb, also ich glaube, den würden wenige Leute kennen und daher konnte man da jetzt nicht wie jetzt bei den neuesten Fällen so einen großen Aufriss machen. Also hätte man sicherlich machen können. Aber... Ich meine, es gab schon Berichterstattung, über die wir auch sehr froh waren. Aber ich weiß auch nicht genau. Also das Metoo in Deutschland war ja schon auch relativ schnell wieder so ein bisschen abgeebbt, hatte ich das Gefühl. Es kam einmal auf und dann ist es wieder abgeebbt. Und jetzt gerade kommt es vielleicht wieder auf den Tisch, hoffentlich

[00:12:43.720] - Nadia Kailouli

Ja, obwohl es ja auch fast schon wieder abgeebbt ist die Til Schweiger-Story. Also Nora Tschirner ist ja diejenige jetzt gerade, die sich da aktiv engagiert und sagt: Hier, ich sammle für Betroffene, gerade auch mit Till Lindemann von Rammstein, dass sie sagt hier, die irgendwie verklagt werden sollen oder so, dass sie da finanzielle Mittel irgendwie versucht heranzuschaffen für die Betroffenen

Aber wie blickst du denn als Regisseurin, Filmschaffende, Schauspielerin auf die derzeitige Debatte über Machtmissbrauch? Man muss das jetzt auch differenzieren. Til Schweiger wird jetzt kein sexueller Missbrauch vorgeworfen, sondern eher Machtmissbrauch oder halt ja irgendwie keine korrekte, kein korrektes Verhalten am Filmset. Aber wie blickst du als Filmschaffende gerade so auf diese ganze Debatte

[00:13:27.390] - Alison Kuhn

Also eigentlich hat mich das nicht großartig überrascht. Also ich meine, ich setze mich jetzt seit Jahren... Also 2019 habe ich den Film gedreht „The Case You". Seitdem setze ich mich so intensiv mit Machtmissbrauch auseinander, bin ständig im Gespräch mit Menschen, die darunter leiden, also vor allem auch aus meiner Branche, aber auch generell. Und deshalb für mich, bei mir hat das gar nicht so viel aus... es hat mich nicht überrascht

[00:13:49.910] - Nadia Kailouli

Ist das irre! Und du bist nicht die Einzige, die das so sagt. Aber wie kann das sein, dass wir in der Gesellschaft, in der wir ja nun leben, wo wir fast tagtäglich darüber versuchen, auch zu berichten, zu sensibilisieren, wo sind Grenzen, Grenzen überhaupt einzuhalten und dass gerade in der Branche, die ja mit dafür verantwortlich sind, dass solche Themen auch an die Öffentlichkeit kommen, sei es im fiktionalen Bereich, im dokumentarischen Bereich, dass gerade da keiner überrascht ist, dass am Set sich Leute benehmen, wie es ja eigentlich überhaupt nicht geht

[00:14:18.640] - Alison Kuhn

Ja, also aus meiner Perspektive, auch aus der Perspektive meiner Generation ist es auch unverständlich und ich kann jetzt nur versuchen, das anders zu machen. Und ich erlebe es aber schon auch, dass sehr, sehr viele Kolleginnen und Kollegen aus meiner Generation da ein ganz anderes Bewusstsein für haben. Also ich glaube, diese Branche ist ja auch immer nur ein Spiegel der Gesellschaft. Das ist wie ein Brennglas auf die Gesellschaft gehalten, so ein Filmset. Und ich glaube, da ist ja gerade ganz viel im Umbruch

Ich sage auch immer, ich weiß nicht, wie sinnvoll das ist, jetzt zu versuchen, alle Leute, die es irgendwie jahrelang anders gemacht haben, vom hohen Ross runterzuholen und irgendwie die zu belehren. Oder ob wir nicht einfach die Energie reinstecken sollten, das anders zu machen und einfach bessere Vorbilder zu sein, Sets anders zu gestalten. Ich versuche es auf jeden Fall

[00:15:02.310] - Nadia Kailouli

Und es ist ja aber anscheinend super schwierig auch, weil wenn man jetzt aus der Brille denkt, warum der damalige Regisseur eben bei diesem Casting die Übergriffe auch noch gefilmt hat und das so gerechtfertigt hat, um einen Film daraus zu machen, um zu zeigen: Schaut mal, was junge Schauspielerinnen bereit sind zu tun oder über sich ergehen zu lassen für eine Rolle. Da steckt ja dann durchaus vielleicht ein Stück Wahrheit drin, wenn man so will, dass Menschen oder junge Menschen eben so im Druck stehen und so wenig Chancen aus dem reinen Talent haben, eine Rolle zu bekommen, dass sie durchaus wissen, die Branche ist so hart, dass sie wissen, okay, ich muss mich hier vielleicht auch anschreien lassen und ich muss mich hier vielleicht auch nicht korrekt behandeln lassen. Aber wenn ich jetzt sage, das passt mir nicht, ist die Rolle vielleicht auch nicht mehr meine. Das ist doch irre

[00:15:53.350] - Alison Kuhn

Ja, also ich denke, klar, das ist in vielen Branchen so, in denen es so eine wahnsinnige Hierarchie gibt, in denen... Das sind ja oft Branchen, die schon irgendwie sehr lange existieren. Also ich höre auch viele ähnliche Geschichten aus Krankenhäusern zum Beispiel oder von Universitäten. Überall, wo es diese Hierarchien gibt, wo auch jemand irgendwie natürlich gerne in der Hierarchie aufsteigen möchte, kommt es zu solchen Übergriffigkeiten. Und klar, Schauspiel ist ein Bereich, das wollen sehr viele. Also auch wenn man sich mal die Studienplätze anguckt für Schauspiel und Regie. Ich glaube, das sind die Studienplätze mit den meisten Bewerber:innen, aber den wenigsten Plätzen. Es gibt acht Plätze und ich glaube zwischen 500 und 1.500 Bewerber:innen

[00:16:37.670] - Nadia Kailouli

Warum hast du für dich entschieden, dass du in dieser Branche bleibst? Weil ich erinnere mich an eine in deinem Film, die eben sagte: Ich hätte so viel werden können. Ich hatte ein 1A Abi, ich hätte Medizin studieren können, ich hätte sonst was machen können. Und ich habe mich dann für Schauspielerei entschieden und dann passiert mir so was und ich bin am Boden jetzt. Warum hast du für dich gesagt, du bleibst in dieser Branche, obwohl du ja mitunter auch diese negative Erfahrung gemacht hast

[00:17:01.850] - Alison Kuhn

Also erst mal Gabriela ist auch in der Branche geblieben und hat da wirklich sehr zu ihrer Stärke gefunden und ich bin sehr stolz auf sie. Ich, ja, es ist einfach was, was ich mir auch nicht nehmen lassen möchte. Also das ist einfach mein größtes Interesse: Filme machen. Das ist das, was ich immer machen wollte und ich will mich nicht von so was abschrecken lassen. Ich will es anders machen.

Und deshalb glaube ich auch, dass gerade jetzt eine gute Zeit ist, auch als junge Frau anzufangen. Ich glaube vor 20 Jahren wäre ich da sicherlich nicht so weit gekommen, auch nicht mit den Inhalten, die mich interessieren. Aber jetzt ist zum ersten Mal irgendwie so eine Möglichkeit da oder auch eine Offenheit für neue Perspektiven, neue Stoffe und neue Menschen. Und das will ich nutzen

[00:17:44.850] - Nadia Kailouli

Und vor allem das...für mehr Frauen

[00:17:46.330] - Alison Kuhn

Ja

[00:17:46.520] - Nadia Kailouli

Weil es ist ja immer noch so, dass gerade Frauen in der Filmbranche, gerade was Regisseure betrifft... Regisseurinnen gibt es eben immer noch weniger als Regisseure. Wenn man sich die Filmfestspiele in Cannes anguckt, dann weiß man immer noch, okay, es sind immer noch mehr Männer als Frauen. Wenn man sich aktuelle Statistiken anguckt, dann sieht man okay, es sind immer noch.... Frauen, werden eher so in Rollen gesteckt, die in Liebesbeziehungen eine Rolle spielen oder die halt eben eher eine Nebenrolle spielen. Gerade Frauen, ab 40 eine Hauptrolle zu bekommen ist fast schier unmöglich. Da muss ja schon ein Umbruch stattfinden, oder

[00:18:20.520] - Alison Kuhn

Auf jeden Fall. Aber interessant ist auch zu den Zahlen, auch was du gerade meintest in der Regie, dass an den Hochschulen das ausgeglichen ist. Also an den Hochschulen ist es schon lange so, dass es ziemlich genau 50/50 ist. Weibliche, männliche Regiestudierende. Und umso erschreckender, wie es dann auf dem Markt aussieht ein paar Jahre später. Also das ist, glaube ich, jetzt schon irgendwie von 10 auf 20 Prozent hochgegangen. Da freuen wir uns jetzt schon mal. Aber wir müssen ja.... Erschreckende Zahlen

[00:18:44.480] - Nadia Kailouli

Es sind erschreckende Zahlen. Und ich denke mir so: Hey Leute, was haben wir eigentlich verpasst? Also ich meine, gerade die Filmschaffenden sind doch, gerade die, die beim Film arbeiten, beim Fernsehen arbeiten, das sind ja so diese Vorbilder, ja. Ihr macht Programm, ihr erzählt den Leuten in den Geschichten, was in unserer Gesellschaft auch falsch läuft mitunter. Und gerade innerhalb eurer Branche läuft so viel falsch! Da kriegt man die Kausalität irgendwie gar nicht hin mit dem, was für Inhalte sie eigentlich produzieren sollen und wie die Strukturen innen drin laufen

[00:19:13.140] - Alison Kuhn

Ja klar. Also das sind ja nicht nur Regisseurinnen und Regisseure. Das geht ja auch in die Produktion Redaktion rein. Also dass da jetzt langsam erst ein Umbruch stattfindet und dass dann hoffentlich bald da ein ausgeglichenes auch Geschlechterverhältnis zum Beispiel herrschen wird.

[00:19:28.690] - Nadia Kailouli

Wie erlebst du das denn grundsätzlich? Also wenn du jetzt sagst, okay, 2015 war ja dieses Casting, dann hast du dein Debüt-Dokumentarfilm gemacht. Studierst du noch Regie oder bist du fertig

[00:19:38.200] - Alison Kuhn

Ich bin noch eingeschrieben im Master

[00:19:39.790] - Nadia Kailouli

Ah ja, okay, gut. Aber du machst eben Filme. Du hast gerade auch aktuell eine Serie mitproduziert oder so? Ich weiß es jetzt nicht

[00:19:47.050] - Alison Kuhn

Regie geführt

[00:19:47.470] - Nadia Kailouli

Regie geführt -„WatchMe“ heißt die, die läuft in der ZDF-Mediathek. Aber wie erlebst du gerade so die Branche als junge Frau? Würdest du sagen: Ah, okay, ich spüre, hier passiert was? Oder erlebst du immer noch eher Diskriminierung, dass du sagst, du wirst nicht ernst genommen, du wirst in Schubladen gesteckt? Oder wie ist da deine Erfahrung

[00:20:04.540] - Alison Kuhn

Also meine Erfahrung ist da - immer subjektiv natürlich - sehr gut im Moment. Also ich habe wirklich das Gefühl, dass da irgendwie Leute froh sind, dass jemand junges, weibliches da ist. Also am Anfang meines Regiestudiums, das habe ich 2018 begonnen, habe ich noch eher gehört, uiui, so als Frau ist es ja besonders schwer und so was

Das hat sich aber gerade in den Jahren jetzt von 2018 bis '23 sehr gewandelt. Was mich natürlich total freut. Was glaube ich auch ein bisschen zu Gegenwind sorgt, wenn Leute dann irgendwie denke, aha, die jungen Frauen bekommen jetzt Jobs, nur weil sie junge Frauen sind, was so auch nicht stimmt.

Es gibt auch sehr viele junge, tolle, talentierte Frauen, die ich kenne, die leider nicht das Glück haben zu arbeiten. Man muss sich natürlich immer noch durch Leistung durchsetzen. Aber das wäre ja bis vor ein paar Jahren gar nicht möglich gewesen. Also auch mit einer tollen Leistung alleine wegen des Geschlechts

Deshalb, mir geht es gerade gut. Ich hoffe, dass es so vorangeht und kann es nicht einschätzen, wie es jetzt weiter läuft. Aber ich bin erst mal guter Hoffnung. Nee, guter Hoffnung ist was anderes..

[00:21:03.680] - Nadia Kailouli

Wenn auch du sagst, dass mit Til Schweiger, als es jetzt so ans Licht gekommen ist, was da so zugeht an Filmsets, gerade mit einem Schauspieler und Regisseur, der ja wirklich im öffentlichen Leben steht und dafür bewundert wird, was für tolle Projekte er macht - wenn du selbst auch sagst: Ach, das hat mich nicht gewundert, das ist irgendwie bekannt, dass es an Filmsets oft ruppig - ich nehme jetzt mal das saloppe Wort - zugeht, dann fragt man sich ja schon: Warum haben, tut sich die Branche so schwer zu sagen, wir brauchen hier, weiß ich nicht, Schutzkonzepte oder No-Gos oder so? Was glaubst du? Weil es immer, wie du eben schon sagtest, unter dem Deckmantel Kunst steht? Oder was glaubst du, woran lag das

[00:21:45.410] - Alison Kuhn

Ja, ich glaube schon, dass das irgendwie lange ein Freifahrtschein war und auch so dieser Genie-Gedanke, dass der ja lange vorgeherrscht hat, gerade in der Regie. Und ja, das sind ja die Künstler, die sind alle so ein bisschen verrückt. Aber das gehört dazu. Wo ich jetzt sagen würde, weiß ich nicht. Das ist im Endeffekt auch ein Job, den kann man gut oder schlecht machen. Aber ich meine, ich in meiner jungen Berliner Filmblase habe schon das Gefühl, dass wir da für mehr Schutz sorgen. Also ich arbeite mit Intimacy Coordination zusammen

[00:22:15.440] - Nadia Kailouli

Was heißt das genau

[00:22:16.370] - Alison Kuhn

Also Intimacy Coordination ist ein sehr neues Berufsfeld. Das sind Leute am Set, also eine Person meistens am Set, die dafür zuständig ist, intime Inhalte zu betreuen. Das heißt, die ist Ansprechpartnerin für die Schauspielenden, wenn die zum Beispiel Sexszenen drehen müssen, aber auch für mich als Regie. Die choreografiert mit, die vermittelt mit, die hält alles vertraglich schriftlich fest. Die sorgt einfach für Safer Spaces. Und das ist zum Beispiel eine ganz neue Entwicklung. Das Berufsbild gibt es erst seit ein paar Jahren, aber ich würde nicht mehr ohne arbeiten wollen. Und für mich ist das jetzt schon total normal. Aber ich glaube, wenn man da irgendwie ein, zwei Generationen drüber guckt, dann..

[00:22:53.570] - Nadia Kailouli

Wie heißt das genau

[00:22:54.760] - Alison Kuhn

Intimacy Coordination

[00:22:56.160] - Nadia Kailouli

Intimacy Coordination. Wie wird man denn Intimacy Coordinator

[00:23:00.030] - Alison Kuhn

Das ist eine Ausbildung, die gab es glaube ich anfangs in den USA hauptsächlich. Ich meine aber auch in Skandinavien gibt es das schon viel. Und jetzt wird glaube ich auch vom Medien Board Berlin Brandenburg eine Ausbildung mit gefördert. Da kann man sich mal informieren

[00:23:14.480] - Nadia Kailouli

Ok

[00:23:15.020] - Alison Kuhn

Ja

[00:23:15.460] - Nadia Kailouli

Ja, super. Klingt auf jeden Fall sinnvoll

[00:23:17.670] - Alison Kuhn

Total

[00:23:18.210] - Nadia Kailouli

Gerade wenn so, ja, intime Szenen stattfinden. Also ich finde, es gibt viel zu viele Filme, wo ich mir denke, die Sexszene hätte es jetzt nicht gebraucht für meinen Geschmack. Aber okay, das ist ein anderes Thema. Wollen wir noch mal über deine aktuelle Serie sprechen? „WatchMe" - worum geht es da

[00:23:33.070] - Alison Kuhn

Da geht es eine fiktive Social Media Plattform für pornografische Inhalte und drei Charaktere, die sich aus unterschiedlichen Beweggründen auf dieser Plattform anmelden und pornografische Inhalte herstellen. Ja, es ist eine Dramaserie für ZDF Neo und gehört diesem Instant Fiction Format an. Ich weiß nicht, ob dir das was sagt

[00:23:55.450] - Nadia Kailouli

Nicht wirklich.

[00:23:56.270] - Alison Kuhn

Das ist ein Serienformat. Das ist während Corona entstanden, als nicht so richtig produziert werden konnte. Und der Sinn davon liegt eigentlich, also damals war es... Die ersten Serien, die waren so über Webcam gefilmt. Vielleicht sagt dir das was, so von Jürgen Vogel gab es da mal was...

[00:24:10.670] - Nadia Kailouli

Ja, ich hatte diese eine Serie gesehen „Zu Hause" oder „Mit mir...",„Ich zu Hause" oder irgendwie so was, die war super.

[00:24:16.720] - Alison Kuhn

Ja, ja, genau das war, das waren die Anfänge von dem Format. Und das ZDF fand das nachher immer noch cool, so zeitaktuelle Themen sehr zügig zu produzieren, sodass die immer noch aktuell sind, wenn sie rauskommen. Und das sollen wirklich nur sechs Monate von Idee bis Ausstrahlung sein.

[00:24:31.640] - Nadia Kailouli

Das ist aber ein Job dann!

[00:24:33.700] - Alison Kuhn

Das ist heftig, genau. Bei uns war es ein bisschen mehr, weil wir auch die erste FSK 16 Serie sind. Und deshalb musste das durch mehr Abnahmeschleifen.

[00:24:41.440] - Nadia Kailouli

Aber dann warst du ja, dann warst du ja wirklich im Wortsinn so ganz nah dabei, eben als Regisseurin mit einem Thema, wo es ja genau darum auch geht, dass man Schauspielerinnen und Schauspieler eben in sehr intimen Szenen sieht. Und da nehme ich an, hattest du diesen Intimacy Coordinator mit am Set?

[00:25:00.720] - Alison Kuhn

Ja, genau da hatte ich Marit Östberg, eine ganz tolle Intimacy Koordinatorin, die war schon von Anfang an im Projekt mit dabei. Die war schon früher als ich im Projekt dabei, hat schon wirklich die Anfänge der Entwicklung mit betreut und das war eine ganz tolle Erfahrung.

[00:25:15.440] - Nadia Kailouli

Okay, und was nehmen wir aus dieser Serie mit? Also wenn wir, wenn... Du hast jetzt gerade schon gesagt, es sind drei verschiedene Charaktere, die eben chronografische Inhalte hochladen. Was sollen wir daraus mitnehmen? Was... Sollen wir daraus was lernen? Sollen wir irgendwie mit Obacht damit umgehen? Oder was ist so die Botschaft?

[00:25:29.530] - Alison Kuhn

Ja, also wir wollen da gar nicht irgendwie Antworten geben, sagen wir immer, sondern eher Fragen aufmachen, weil wirklich das ist ja ein neues Phänomen, was auch während Corona entstanden ist. Also digitalisierte Sexwork und diese Plattform. Wir wollen aber schon ein bisschen damit hinterfragen: Ist das jetzt wirklich feministische Selbstbestimmung, wie es oft irgendwie vermittelt wurde oder ist es dann doch eine Ausbeutung?

[00:25:49.870] - Nadia Kailouli

Wie bist du denn jetzt selbst zum Beispiel an dieses Casting gegangen? Also gerade mit der Erfahrung, die du gemacht hast, eben auf dem Casting, wo es zu Übergriffen gekommen ist. Wie machst du jetzt so ein Casting, wenn es ja vor allem darum geht, nachzustellen, dass man pornografische Inhalte hochlädt? Wie bist du da rangegangen

[00:26:05.440] - Alison Kuhn

Ja, also Thema Casting ist für mich natürlich durch diese Erfahrung total vorgeprägt und ich bin aber so froh, dass ich da so viel draus schöpfen kann jetzt also als Regisseurin. Weil ja, es ist mir nichts wichtiger, als da irgendwie eine gute Atmosphäre zu kreieren, vor allem offen zu kommunizieren. Das ist so wichtig. Das heißt, wenn wir Leute einladen zum Casting, wissen die natürlich auch schon: Was haben wir vor

Es wurde schon mit der Casting-Einladung ein mehrseitiges Intimacy Konzept mitgeschickt und wir haben natürlich beim Casting auch mit drauf geachtet, ob Menschen das jetzt wirklich, ob die sich wirklich damit wohlfühlen. Es gab ja auch sehr junge Charaktere wie zum Beispiel Tim. Und da haben wir dann natürlich auch, also zwar volljährige Schauspieler eingeladen, aber die immer noch sehr jung waren. Wo wir natürlich auch von Anfang an gesagt haben, wir müssen ganz genau gucken, wer ist auch irgendwie stabil genug dafür

Also wir haben natürlich verschiedene Runden gemacht. Eine Runde davon war auch ein Gespräch mit unserer Intimacy Koordinatorin, die dann, also auch ohne mich und ohne Produktion, wirklich nur Intimacy Coordination und die Schauspielperson, damit die beiden einfach miteinander über Grenzen sprechen können und damit dann Marit auch einschätzen konnte, was sie, also damit sie auch der Redaktion dann ihre professionelle Meinung, Einschätzung dazu geben konnte

[00:27:23.550] - Nadia Kailouli

Gib uns mal einen Einblick. Lass uns mal ein bisschen versuchen hinter die Kulissen zu blicken, damit wir das besser verstehen können. Jetzt, wenn wir dich schon mal hier haben, wie sowas abläuft. Jetzt gibt es da diese Serie „WatchMe" , da geht FSK 16, das heißt, man kann die auch vor 22 Uhr glaube ich gar nicht abrufen

[00:27:37.370] - Alison Kuhn

Wenn du dich anmeldest mit deinen Passdaten, dann geht das auch auf die ganze ZDF Mediathek

[00:27:39.820] - Nadia Kailouli

Ah, dann geht das auch vor 22 Uhr. Okay, gut. Also das heißt aber, wenn man eine FSK 16 Szene, Serie produziert und veröffentlicht, dass da auch Szenen drin vorkommen, die eben nicht für Kinder geeignet sind

[00:27:52.960] - Alison Kuhn

Genau

[00:27:53.620] - Nadia Kailouli

So, wie ist denn dann aber trotzdem dieses Casting? Also muss man dann beim Casting einmal nachstellen, wie es ist, sexuelle Handlungen auszuüben, oder so

[00:28:01.910] - Alison Kuhn

Oh Gott, natürlich nicht. Nein

[00:28:03.050] - Nadia Kailouli

Also weil man sich ja dann schon fragt, woher wollt ihr denn dann wissen, dass das dann in der Serie gut klappt

[00:28:08.380] - Alison Kuhn

Das..

[00:28:08.750] - Nadia Kailouli

Wie macht man das

[00:28:09.520] - Alison Kuhn

Das klappt, wenn man da genau miteinander choreografiert und arbeitet. Also wirklich alle Sexszenen sind ja auch durch und durch choreografiert mit Marit, mit unseren Intimacy Koordinatorin zusammen. Das hat wirklich mehr was von einer Stunt Coordination. Aber im Casting, Schritt für Schritt jetzt, meintest du

Also es fängt erst mal damit an: Die Autor:innen, die haben natürlich Charaktere entwickelt, einen Staffelbogen geschrieben, dann bin ich angefragt worden und unsere Casting-Direktorin Steffi Meile, die auch eine ganz tolle Casterin ist und wir beide schlüsseln dann auf: Welche Rollen gibt es? Und dann, aha, es gibt diese drei Hauptrollen zum Beispiel. Dann macht Steffi Vorschläge oder ich mache teilweise auch Vorschläge von Schauspiel-Personen, die wir uns vorstellen könnten. Dann besprechen wir das immer mit der Redaktion und Produktion, die dann auch wieder Feedback gibt. Dann überlegen wir uns, okay, wen davon... Also erst mal wird zeitlich abgefragt, hätte die Person überhaupt Zeit in dem Drehzeitraum? Und dann filtert sich das ja meistens auch noch mal raus

Und dann besprechen wir, wen laden wir zu einem Casting ein? Also entweder erst mal zu einem E-Casting, wo sich Personen selbst aufnehmen müssen oder zu einem Live-Casting. Meistens war es bei uns direkt ein Live-Casting. Da wird dann auch schon mehr Material hingeschickt. Dann wissen die Leute, worum es geht. Szenen werden mitgeschickt und die Leute können sich dann überlegen, okay, möchte ich dafür vorsprechen oder nicht? Und die, die möchten, kommen dann zu uns ins Studio

[00:29:31.790] - Nadia Kailouli

Müssen aber diese Szenen noch nicht schauspielerisch darstellen

[00:29:34.970] - Alison Kuhn

Doch, das sind dann, ich glaube meistens waren es zwei Szenen

[00:29:37.620] - Nadia Kailouli

Ah ok

[00:29:38.470] - Alison Kuhn

Das sind meistens zwei sehr unterschiedliche Szenen, die man auswählt. Oft irgendwie was Ruhigeres und dann irgendwie was Emotionaleres

[00:29:44.290] - Nadia Kailouli

Ok, aber keine intimen..

[00:29:44.730] - Alison Kuhn

Aber nix Intimes, null

[00:29:45.230] - Nadia Kailouli

 Also Szenen, die dann...Nee, wie hast du das gesagt, wie die choreografiert werden

[00:29:51.220] - Alison Kuhn

Ja

[00:29:51.590] - Nadia Kailouli

Also intime Szenen im Film sind immer choreografiert

[00:29:54.930] - Alison Kuhn

Nee, nicht immer

[00:29:56.810] - Nadia Kailouli

Aber sollte es immer sein

[00:29:58.510] - Alison Kuhn

Also meiner Meinung nach ist es ein sehr gutes Tool, das so zu machen. Also als wir dann besetzt hatten mit dem Cast, hatten wir auch Intimacy Proben, also speziell wie Spielproben hatten wir auch Proben für alle intimen Szenen vor dem Dreh. Und da waren dann Marit und ich und die Schauspielpersonen. Und dann hat Marit auch erst mal abgefragt: Okay, womit fühlt ihr euch wohl? Was würdet ihr gerne machen, was nicht? Und dann hat sich zum Beispiel herausgestellt, dass zwei Schauspielende, die auch eine Sexszene miteinander hatten, beide gesagt haben: Ach nee, wir würden es lieber improvisieren

[00:30:27.860] - Nadia Kailouli

Ah ok

[00:30:28.680] - Alison Kuhn

Damit fühlen sie sich einfach wohler. Und da haben wir natürlich versucht, zu prüfen, ob das auch wirklich für beide in Ordnung ist, was aber der Fall war. Und die haben dann zum Beispiel die Szene improvisieren wollen

[00:30:39.050] - Nadia Kailouli

Und improvisieren wollen, ich sage das mal, die machen dann einfach rum. Vor der Kamera oder wie

[00:30:42.230] - Alison Kuhn

Ja, also man legt schon ungefähr Stationen fest, so okay, und jetzt hier küsst ihr euch zum ersten Mal, dann geht ihr auf die Position. Aber das Ganze, die Bewegungen, die Berührungen, das wollten sie selbst füllen. Und andere sind total dankbar dafür, dass Marit das, also gemeinsam mit mir, choreografiert. Und dann passiert das auch wirklich ganz, ganz faktisch.

Also die meisten Szenen für Watch Me haben wir wirklich so choreografiert, dass wir genau wussten: Okay, der Kuss jetzt wird eins, zwei, drei, vier Sekunden lang gehalten. Dann wechselt ihr den Kopf auf die andere Seite. Da ist es eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs. Also das wirklich, also die Schauspieler sind auch sehr beschäftigt, sind, eigentlich mit Zählen, mit der Choreografie, dass es gar nicht zu was Privatem wird

[00:31:28.670] - Nadia Kailouli

Ah ja

[00:31:29.350] - Alison Kuhn

Weil es wirklich eher ist wie eine Kampf- oder Tanz-Choreografie. Das fand ich sehr, sehr spannend zu lernen. Also auch von Marit, wie sie das auch mit dem wirklich sekundengenauen Zählen macht. Und es wird auch schriftlich festgehalten. Das heißt, ich könnte als Regisseurin nicht dann am Set einfach stehen und sagen: Ach nee, macht mal weiter oder jetzt doch mit Zunge oder so

[00:31:48.100] - Nadia Kailouli

Aber so diese Idee von einem Regisseur hat man ja nun so, dass dieser Regisseur oder die Regisseurin eben so eine Macht hat zu sagen: Lass laufen, ich will mehr sehen, jetzt noch mal ein bisschen näher und jetzt nimm sie oder nimm ihn, oder so. So eine Vorstellung hat man ja von Regisseur:innen, weil man das natürlich auch so in Filmen... Wenn im Film zum Beispiel Theaterregisseur:innen dargestellt werden, dann sind das immer so, die dann da von der Bankreihe aufspringen: Oh nein, jetzt nimm sie noch mal. Und deswegen denkt man so: Alles klar, du bist ausgeliefert

[00:32:18.700] - Alison Kuhn

Ja, ja klar

[00:32:18.820] - Nadia Kailouli

Du bist auf der Bühne und musst abliefern

[00:32:21.140] - Alison Kuhn

Genau das ist ja... oder Castingsituation. Da hat man auch sehr, sehr klassische Bilder von Filmen über Filme. Aber ich will ja gar nicht so eine Regisseurin sein. Also ich will gar nicht diese unbegrenzte Macht haben. Oh Gott, da fühle ich mich gar nicht gut bei dem Gedanken. Also ich sehe mich da auch als ein Teammitglied. Klar, ich habe die künstlerische Leitung inne, aber trotzdem macht mich das ja jetzt nicht, also unangreifbar

[00:32:40.250] - Nadia Kailouli

Und das ist eben das, was eben eigentlich so Standard sein sollte, finde ich

[00:32:46.640] - Alison Kuhn

Finde ich auch eigentlich

[00:32:48.210] - Nadia Kailouli

Ja, ja, ja, irre. Also Alison, du gibst uns hier so tolle Eindrücke. Ich möchte jetzt am liebsten mit dir an dieses Filmset gehen, um zu merken, ach toll, ich habe hier ein gutes Gefühl. Hier muss keiner, hier darf jeder. Aber es gibt halt Standards oder festgelegte Kussszenen oder so, dass sich im besten Falle niemand irgendwie dabei schlecht fühlt, dass er oder sie eine intime Rolle spielt

[00:33:09.640] - Alison Kuhn

Ich würde dich gerne einladen. Ist aber leider alles Closed Set. Das bedeutet, in solchen Szenen sind dann nur die nötigsten Personen da, auch alle Assistenzen und so müssen raus

[00:33:17.600] - Nadia Kailouli

Dann muss ich jetzt ein Casting bei dir machen. Ich mache einfach Casting. Hallo, sie ist hier kein schauspielerisches Talent

[00:33:21.320] - Alison Kuhn

Doch, natürlich

[00:33:26.070] – Nadia Kailouli

Okay, ich bin raus. So schnell ging es. Nee, Alison, ja, dann reden wir noch ein bisschen. Vor allem reden wir mal über das, wo du hin willst. Das würde mich auch noch interessieren. Du bist eben das, ich mag das gar nicht immer so sagen, eine junge Frau, du bist eine junge Frau, du bist eine Frau in der Filmbranche mit Erfahrung, wo du weißt, so sollte es auf gar keinen Fall sein. Daraus hast du einen Debütfilm gemacht. Heute bist du Regisseurin.

Willst du auch wieder Schauspielerin sein? Möchtest du selber wieder die Macht eines Regisseurs erleben? Also Macht in dem Sinne... Aber möchtest du selber wieder so selber auch spielen? Und wenn ja, wo hast du für dich gemerkt, was ist für dich wichtig als Schauspielerin, wie es an Filmsets zuzugehen hat

[00:34:07.810] - Alison Kuhn

Ja, also wenn es irgendwie wirklich eine coole Rolle ist und ein tolles Projekt mit tollen Leuten, würde ich mich sehr freuen zu spielen. Auf jeden Fall. Gerade ist es einfach so, dass auch meine Regietätigkeiten mich 24/7 einspannen und bin ich auch sehr glücklich drüber. Aber klar, mit solchen Erfahrungswerten macht man natürlich auch nicht mehr alles mit

Also als junge Schauspielerin vor dem Regiestudium, da ging es mir auch hauptsächlich ums Erfahrungen sammeln und einfach Set-Erfahrung und ausprobieren. Und das kann ich heute ja gar nicht mehr einfach wirklich zu allem „Ja und Amen" sagen. Also ich meine jetzt mit Projekten, natürlich auch situativ sowieso nicht

[00:34:41.370] - Nadia Kailouli

Aber erlebst du das denn, dass es viele Drehbücher gibt, wo du dann als erfahrene Schauspielerin und Regisseurin sagst, so: Ey Leute, sag mal, was verlangt ihr da eigentlich

[00:34:50.910] - Alison Kuhn

Teilweise schon. Also teilweise so bei Rollenausschreibungen oder so frage ich mich doch... Also es passiert selten heute, aber ab und zu schon, irgendwie „gesucht wird schlanke, attraktive junge Frau mit Sexappeal", keine Ahnung so, da denke ich mir auch, warum muss man das denn so im Castingaufruf schreiben

[00:35:08.390] - Nadia Kailouli

Vor allem ist das ja immer Ansichtssache. Was ist schlank, was ist sexy, was ist schön? Also ja, interessant

[00:35:17.230] - Alison Kuhn

Da ist man natürlich dann anders sensibilisiert für. Aber ja, ne ich..

[00:35:21.910] - Nadia Kailouli

Aber wie würdest du das sagen? Zum Beispiel, also du hast jetzt die klassische Ausbildung jetzt eben oder bist mittendrin als Regisseurin. Aber es gibt ja eben gerade viele, viele junge Menschen, die sagen: Oh, ich möchte zum Film, ich möchte auf die Bühne. Es fängt ja schon in der Schule an, Theater AG. Da bekommt man das erst mal die Erfahrung, dass man halt eine Rolle spielt und denkt sich, oh, ich will das machen. Hat eben keine Vorkenntnisse und keine Erfahrung. Was ist ein Go und was ist ein No-Go? Was würdest du denn jungen Menschen an die Hand geben? Zu sagen, macht eine Ausbildung oder fragt erst mal nach, gibt es irgendwelche Workflows, Worksheets, woran man sich halten kann, damit man eben weiß, das darf ein Regisseur oder ein Produzent von mir verlangen und das auf gar keinen Fall

[00:36:02.700] - Alison Kuhn

Ja, ich glaube viel mit Leuten aus der Branche zu sprechen, um sich ein Bild davon zu machen. Da gibt es jetzt auch von Crew United eine neue Initiative, die heißt „Ich will zum Film!". Die haben eine eigene Website und da kann man sich als junge, interessierte Personen anmelden und wird dann - glaube ich, so funktioniert das - mit Branchen-Leuten zusammengebracht, denen man dann Fragen stellen kann oder wo man ein Praktikum machen kann

Und ja, also ich glaube, man muss es sich wirklich fragen: Will ich das? Also auch künstlerisch und natürlich auch so was wie Selbstständigkeit, muss man sich auch fragen: Will ich das? Bedeutet keine Urlaubszeiten, mit Rente wird es schwierig etc. Und dann, ja okay, ich will es jetzt gar nicht so düster malen, aber ja, dann würde ich auf jeden Fall allen empfehlen, es an den staatlichen Hochschulen zu probieren. Weil wie gesagt, es gibt so viel Bewerberinnen und Bewerber und so wenig Plätze. Und wenn man nicht von einer staatlichen Hochschule kommt, dann hat man es einfach verdammt schwer

[00:36:53.800] - Nadia Kailouli

Alison Kuhn, ich glaube jetzt haben wir es. Wir könnten stundenlang weitermachen, aber du hast noch was zu tun und wir haben einen super Einblick von dir bekommen. Also erstens kann ich sagen „The Case You" ist ein Film, „The Case You", habe ich richtig gesagt

[00:37:05.290] - Alison Kuhn

Ja genau

[00:37:05.550] - Nadia Kailouli

„The Case You" ist ein Film, sollte man sich anschauen, gerade heutzutage, zu wissen, das geht gar nicht und das ist aber passiert. Und ich finde es auch super, dass du uns mitgegeben hast, wie man an Filmsets mit seinen Schauspieler:innen umzugehen hat. Und diese Intimacy Coordinator, die finde ich super spannend

[00:37:22.500] - Alison Kuhn

Die könntet ihr auch mal einladen

[00:37:23.280] - Nadia Kailouli

 Ja, das wäre mal was! Da schicken wir mal eine Einladung raus. Alison Kuhn, vielen Dank, dass du heute bei einbiszwei warst!

[00:37:28.000] - Alison Kuhn

Dankeschön.

[00:37:33.170] - Nadia Kailouli

Wahnsinn, oder? Wie cool war das jetzt bitte mit Alison Kuhn? Die hat uns so tolle Einblicke gegeben, gerade auch was so das Casting betrifft oder wie sie jetzt für ihre Serie „WatchMe“ sagt: Okay, wir haben hier intime Szenen choreografiert. Das war mir nicht bewusst, dass man eine Choreografie machen kann mit so einem Intimacy Coordinator. Diesen Begriff, den werde ich auch nicht mehr vergessen. Wie man eben an Filmsets intime Szenen spielen kann, ohne dass es da zu irgendwelchen Schwierigkeiten gibt, dass sich die Schauspielerin oder der Schauspieler unwohl fühlt. Also, Alison Kuhn - Ich hoffe, dass wir von der noch ganz viel sehen und schaut euch gerne den Film von ihr an „The Case You" oder „WatchMe"

Und hier jetzt noch ein wichtiger Hinweis für euch: Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung hat einen Dialogprozess gestartet. Da geht es die Aufarbeitung sexueller Gewalt in Einrichtungen und die Frage, was eine echte Beteiligung betroffener Menschen ausmacht und wie diese sichergestellt werden kann. Die Missbrauchsbeauftragte möchte deshalb gemeinsam mit Betroffenen und Menschen, die in Institutionen, also Sportverein, Kirchen oder Schulen arbeiten, Standards und Kriterien zur Beteiligung Betroffener an Aufarbeitungsprozessen entwickeln

Alle Links zu dieser Aktion haben wir euch hier in den Shownotes verlinkt. Und wer Lust hat, der kann sich dort schnell melden unter dialogprozess@UBSKM.bund.de und der Anmeldeschluss ist der 9. Juli.

Alison Kuhn ist Regisseurin. Ihr Dokumentarfilm “The Case You” erzählt von sexuellen Übergriffen bei einem Casting. Bei einbiszwei erklärt sie, wie sie heute bei ihren Filmen dafür sorgt, dass sich alle Beteiligten auch bei intimen Szenen gut fühlen.

Mehr Infos zur Folge

Als der SPIEGEL vor wenigen Wochen von körperlicher Gewalt und sexuell übergriffigem Verhalten am Filmset eines Til Schweiger Films berichtete, war das Erstaunen groß – erst recht, als klar wurde: Das ist keineswegs ein Einzelfall. Übergriffige, machtberauschte Regisseure, Frauenfeindlichkeit – all das ist weit verbreitet.

Und kaum war die Aufregung um Til Schweiger ein wenig abgeklungen, wurde bekannt, dass Till Lindemann, der Sänger der Brachial-Band Rammstein, anscheinend ein ganzes System betrieb, um junge Frauen für Sex auf Aftershow-Parties zugeführt zu bekommen.

„Das alles überrascht mich überhaupt nicht,” sagt eine der interessantesten jungen Filmemacherinnen Deutschlands. Alison Kuhn hat gerade die tolle ZDF Mini-Serie „WatchMe“ fertiggestellt. Bekannt wurde sie mit einem Dokumentarfilm über ein Casting, bei dem es zu sexuellen Übergriffen und Machtmissbrauch durch Regisseur und Produktionsteam kam. Der Titel: „The Case You”.

„Besser kann man Machtmissbrauch nicht erklären”, schrieb damals die Süddeutsche Zeitung zur Premiere. Dieser Film zeigt nicht nur eindrücklich, wie übergriffig, respektlos und unsensibel es in der Filmbranche zugeht – „The Case You“ erzählt auch Alisons eigene Geschichte, denn auch sie war bei diesem Casting dabei.

Bei einbiszwei spricht sie über Machtmissbrauch im Filmbusiness, sexuelle Übergriffe bei Castings und darüber, wie eine junge Generation von Filmemacher:innen für Safe Spaces bei den Dreharbeiten sorgt.

WEITERE INFOS + HILFEANGEBOTE:

Homepage von Alison
AlisonKuhn.com

Alison Kuhn auf Instagram
@_alisonkuhn_

Mini-Serie, bei der Alison Kuhn Regie führte
ZDF-Mediathek | „WatchMe” Mini-Serie (6 Folgen)

Der Dokumentarfilm „The Case You”
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Die „unabhängige und überbetriebliche Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt in der Kultur- und Medienbranche” Themis
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einbiszwei – der Podcast über sexuelle Gewalt

einbiszwei ist der Podcast über Sexismus, sexuelle Übergriffe und sexuelle Gewalt. einbiszwei? Ja genau – statistisch gesehen gibt es in jeder Schulklasse in Deutschland ein bis zwei Kinder, die sexueller Gewalt ausgesetzt sind. Eine unglaublich hohe Zahl also. Bei einbiszwei spricht Gastgeberin Nadia Kailouli mit Kinderschutzexpert:innen, Fahnder:innen, Journalist:innen oder Menschen, die selbst betroffen sind, über persönliche Geschichten und darüber, was getan werden muss damit sich was ändert. Jeden Freitag eine neue Folge einbiszwei – überall, wo es Podcasts gibt. Schön, dass du uns zuhörst.

Wenn Sie Fragen oder Ideen zu einbiszwei haben:

presse@ubskm.bund.de

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